15. März 2009

FRUSTRATION im Interview

Intime Rapps brillant gereimt
So wie „People of Colour" haben viele angefangen 

Wie kam es zur Gründung von PoC?
Durch lange Freundschaft. Damals hat jeder sein eigenes Ding gemacht, obwohl man Freundschaft pflegte... Irgendwann hat man zusammengesessen und sich gefragt, wieso man nicht 'ne Gruppe bilde und so kam es zu PoC. 

Wie seid ihr überhaupt zur Musik gekommen?
Ich persönlich bin durch Tomekk, Deichkind, Torch und MC Rene zum deutschen Hiphop gestoßen. Dann habe ich die Musikrichtung für mich entdeckt und habe lange Zeit Eminem und Leute wie Xzibit gehört. 

Wie entstand der Name?
PoC war nicht direkt ein Einfall. Ich (Frustration) habe beim Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin gearbeitet und da fiel oft der Name "People of Colour" und ich habe ihn in die Gruppe geworfen und irgendwie gefiel er allen. Außerdem drückt „People of Colour" genau das aus, was wir sind und des Weiteren ist es ein Name, den die Menschen aufnehmen können ohne zu radikal zu wirken. 

Was bedeutet für euch Heimat und wo seht ihr sie?
Ich würde sagen, dass sich die Jugend momentan damit abgefunden hat, nicht als deutsch zu gelten. Deswegen sagen wir, dass wir ganz klar Türken sind. Wir alle sind Türken. Doch man muss berücksichtigen, dass wir in der Türkei auch nicht unbedingt als Türken angesehen werden, sondern eher als Ausländer gelten. Wir stehen alle zwischen den Stühlen. Das ist auch ein Thema, was uns täglich verfolgt. Denn Heimat ist dort, wo die Familie ist. Wir fühlen uns weniger als Deutsche, eher schon als Türken.

Euer Label heißt unsigned, warum?
Wir sind unsigned, weil wir zur Zeit alles selber machen und wir haben auch Spaß daran. Das Finanzielle dabei ist eher Nebensache, denn wir verdienen bisher echt gar nix. Bis auf einige kleine Gagen, die wir für ein paar Auftritte bekommen haben, gibt es für uns keine Geldquellen. Also arbeiten wir ausschließlich für uns selbst. Jeder trägt seinen Teil dazu bei und hat seinen speziellen Bereich. Beispielsweise das Organisatorische oder die Werbung. 

Habt ihr Idole Vorbilder?
Wir als Gruppe haben keine Idole. Ich persönlich glaube, dass Deutschland sowieso ein Problem mit seinen Vorbildern hat. Die Jugend hat doch niemanden, an dem sie sich orientieren kann. Aus dem Grund werden Leute wie Massiv oder Bushido als Vorbild angesehen, obwohl es sehr ungewöhnlich ist, sich an einem aus der Musikbranche zu orientieren. Diese Menschen gehen ihren künstlerischen Weg und der ist gewiss nicht so gradlinig. Normal ist doch Bildung, Ausbildung und Arbeiten gehen. Gerade in der Arbeitswelt gibt es doch gerade in den oberen Etagen nur negative Vorbilder. Ein aktuelles Beispiel ist Herr Zumwinkel, der Chef der Deutschen Post AG. Oder nehmen wir den Chef der Deutschen Bank, der wahrscheinlich 10 Millionen Euro im Jahr verdient und doch seine Arbeiter entlässt. 

Eure Songs wirken sehr persönlich, erzählt ihr eure eigenen Geschichten?
Ja, natürlich. Wir schreiben unsere eigenen Texte, bekommen sie nicht vorgeschrieben. Viele haben so angefangen, um sich Gehör zu verschaffen und überhaupt mal gehört und verstanden zu werden. Viele zahlen teure Psychiaterstunden, um sich ihr Leid aus der Seele zu quatschen. Meine Jungs machen das, indem sie sehr künstlerisch reimen und sehr biographische, intime Sachen in die Öffentlichkeit bringen. Da gibt es einen Track von Fisto zum Beispiel, den ich sehr extrem finde und der auch sehr unter die Haut geht. Er rappt darüber, dass sein Vater die Familie verlassen hat und diese Scheidung unumkehrbar ist. Inzwischen hat er ihm zwar verziehen, doch im tiefsten seines Inneren hasst er weiter. Er bringt das echt emotional rüber. Leute, denen das Gleiche widerfahren ist, werden so angesprochen.

Ist die Musik für euch ein Weg, Probleme zu bewältigen?
Definitiv ja. Auch wenn wir eine große Vielfalt bieten, haben wir oft das Thema Migration mehr unbewusst in unseren Texten. Nimmt man sich kein Thema vor, entstehen sie mit der unbewussten Wahrnehmung des Geschehens in einem Vokabular aus dem Umfeld des Künstlers. Das Migrationsthema beschäftigt uns schon stark.

Eure Texte sind sehr politisch und sozialkritisch. Ist es euer persönliches Anliegen auf solche Probleme aufmerksam zu machen?
Auf einer Seite ja. Auf der anderen nein. Wir wollen kein Nachrichtensender sein, sondern eher eine Zielgruppe ansprechen, die das Gleiche fühlt wie wir. Das diese Texte politisch und sozialkritisch sind, ist die subjektive Wahrnehmung des Künstlers. 

Bekommt ihr Unterstützung von eurer Umwelt?
Wenn du Unterstützung in Form von Geld meinst, nein. Da sind wir total selbständig. Wir kriegen aber viel Unterstützung. Wir haben inzwischen echt Anhänger, die uns sehr feiern. Das gibt enorm viel Kraft und ist auch ein Grund, um immer weiter zu machen. 

Wie sehen eure Zukunftspläne aus?
Wir möchten Anfang 2009 unser erstes Album herausbringen. Bisher stellen wir uns lediglich mit einer Sammel - CD veröffentlichter Lieder vor, die gut ankommt. Daraus schöpfen wir die Kraft, an weiteren ernsthafteren Projekten zu arbeiten. Allerdings wollen wir nichts überstürzen. Zur Zeit planen wir ein konzeptreiches Album, dass wir wahrscheinlich in einer 1000'er Auflage pressen lassen wollen. Ansonsten ist „People of Colour" zurzeit Teil des Eylem Projektes der türkischen Gemeinde in Deutschland. In diesem Jahr kann man uns auch noch auf einem Sampler und bei Liveauftritten hören und sehen.

Wo seht ihr euch in 10 Jahren?
Ich finde es schwer, so etwas vorher zu sagen. Viele Menschen wissen ja nicht mal, was sie Morgen tun werden. Ist doch irgendwie absurd die Frage. Ich hoffe allerdings, dass wir erfolgreich werden und uns mit dem Musik machen finanziell auf eigenen Beinen halten können. Wie aber schon gesagt das Geld treibt uns wirklich nicht an.